Montag, August 28, 2006 

Knie nieder vor deinem Gott, Babylon!

Die beiden unangefochten größten, meistzitierten, einflussreichsten und verdammt nochmal witzigsten Vertreter der amerikanischen TV-Branche dieser Zeit, Jon Stewart und Stephen Colbert, präsentierten gemeinsam letzte Nacht in Hollywood einen Emmy in der Kategorie "Beste Reality Show". Der eigentlich Act aber waren die beiden. Kurz vorher hatte Stephen Colbert völlig unverständlich in einer anderen Kategorie gegen Barry 'Copacabana' Manilow verloren. Daher die große Enttäuschung Colberts, mit der er noch heftig zu kämpfen hatte:


[YouTube-Direktlink]

Zum Nachlesen gibt es hier eine Transkription des Auftritts. Enjoy!

Update:
Mittlerweile gibt es auch den Eröffnungsclip der diesjährigen Emmy-Show im Netz. Darin werden traditionell auf sehr witzige und überraschende Weise die besten Serien der Saison präsentiert (dieses Jahr u.a. Lost, The Office, 24, Dr.House, Southpark). Mittendrinn natürlich der Gastgeber des Abends Conan O'Brien:
Emmy 2006-Eröffnungsfilm @YouTube

Zu guter Letzt gibt es noch den Eröffnungs-Monolog von Conan O'Brien:
Emmy 2006: Conan O'Brien Eröffnung @YouTube

Damit sind alle Highlights der Emmy-Show komplett. Mehr braucht man wirklich nicht gesehen zu haben.

 

Don't be a fag

Heute auf der Arbeit während einer Recherche entdeckt:
Natürlich kann man sich, wenn man "Fachverband Glücksspielsucht" heißt, eine etwas knackigere Abkürzung überlegen. Und natürlich kann man sich dann einfach "Fags" nennen. Allerdings sollte man sich dann über manche missverständlichen Posts nicht wundern und über solche Namensvetter schon gar nicht.

Sonntag, August 27, 2006 

His Wildness Billy Childish in Kreuzberg

[Bild]

Wenn man fast zehn Jahre lang sehnsüchtig einen Künstler herbeisehnt, neigt man automatisch zu übertriebenen Erwartungen.
Schließlich hat man jahrelang viel Geld und noch mehr Herzblut in die eigene Plattensammlung gesteckt, noch die obskursten Seitenprojekte von Childish verfolgt, dabei die Klassiker von den Milkshakes und Mighty Caesars bis hin zu den Headcoats immer und immer wieder gehört und dabei regelmäßig verflucht, nicht zehn Jahre früher geboren worden zu sein. Vergessen!
Als gestern Abend Billy Childish mit zweiwöchiger Verspätung zusammen mit seinen "Musicians of the British Empire" (Schlagzeuger Wolf Howard und Bassistin und Ehefrau Julie) im Festsaal Kreuzberg spielte, rechnete ich im Vorfeld lediglich mit einem "regulären" Buff Medways-Konzert unter anderem Namen.
Aber schon nach den ersten paar Songs war klar, das hier würde anders werden. Kein Standardkonzert, sondern die Entschädigung für jahrelanges ausharren und weiterhoffen. Und so kam es auch. Aus praktisch jeder Schaffensperiode, von den Pop Rivets bis zu den heutigen Buff Medways, spielte Billy ein paar Songs. Und es passte; rockte und rollte ganz gewaltig. Hier eine kleine Auswahl der Songs an diesem Abend:

Misty Waters
Troubled Times
John the Revelator
Lie Detector
Commanche
Jack the Ripper
Girl from '62
She's just 15
Fire (Jimi Hendrix Cover)
What's wrong with you
Punkrock ist nicht tot
Smile now
You are forgiven

Die einzige kleine Enttäuschung an diesem denkwürdigen Abend war jedoch das Berliner Publikum, das zwar jeden Song gebührend feierte aber ansonsten die meiste Zeit nicht mehr als ein hauptstädtisches Kopfnicken und leichtes Fußwippen fertig brachte. 'No sports - just shouting, please', hätte man denken können.
Erst gegen Ende des Konzerts, bei ein paar schnellen Headcoats-Nummern, geriet die Menge ordentlich in Bewegung. Aber zu spät. Nach knapp 90 Minuten war alles viel zu früh vorbei. Der volle Festsaal glühte zu diesem Zeitpunkt schon wie ein Backofen. Und so trollte man sich erschöpft aber glücklich in die kühlende Kreuzberger Nacht hinaus.

Wer nach dem gestrigen Abend übrigens auf den Geschmack gekommen ist, der sollte sich am 6. Oktober ins White Trash begeben, denn dort spielen The Masonics (immerhin 2/3-Überbleibsel der ehrwürdigen Milkshakes!).

Samstag, August 26, 2006 

Vorfreude

[Bild]

Heute Abend im Festsaal ihres Vertrauens: Wild Billy Childish.

 

Napstergirl

Schweinkram!
[via]

 

Motherfucking Snakes


Für die einen ist Snakes on a Plane einer der großartigsten B-Movies des Jahres. Für andere ist er der erste ernsthafte Beitrag Hollywoods zum Thema Flugangst nach 9/11. Auf jeden Fall ist der Titel allein schon sensationell. Ebenso übrigens wie der Promo-Auftritt von Samuel L. Jackson bei Jon Stewart.

Einen Titel für die Fortsetzung hat Jackson auch schon parat. Im Interview mit der neuen Neon verrät er ihn: "Son of Snakes on a Plane"!

Freitag, August 25, 2006 

The Modern

[via]

The Modern sind eine dieser mittlerweile zahllosen Retro-Electro-Pop-Acts, die praktisch überall, aber vor allem in England und Skandinavien wie wild aus dem Parkettboden schießen. Eigentlich nicht weiter der Rede wert. Wäre da nicht dieser eine verdammte Song, der einfach nicht aus meinem winamp verschwinden möchte. Human League meets Dubstar und am Mikrofon ein waschechtes stimmliches Kylie Minogue-Double. Der Sound perlt so glatt die gekachelten Hörgänge hinunter, dass nach kürzester Zeit schon alles wieder wie weggewischt ist.
Die meisten ihrer Songs bewegen sich haarscharf an der Grenze zum absoluten Disco-Trash, einige gehen deutlich darüber hinaus.
Aber sei's drum. The Modern machen Musik für den Moment, und wenn das nur das persönliche Fünf-Minuten-80's-Revival ist. Und bevor ich mir morgen bei Billy Childish meine Gehörgänge mit unverfälschten Gitarrengerümpel wieder geraderücken lasse, können die SynthiePopper gerne noch weiter an der Discokugel drehen.

The Modern Homepage
The Modern @ MySpace

Nicht zu verwechseln mit:
Modern Times
Modern Talking
Pieces In Modern Style
Modern Life Is Rubbish


Übrigens, eine Erklärung für meinen schizophrenen Musikgeschmack (Electropop vs. Garage-Punk) gibt es nicht. Vielleicht bin ich einfach nur eine Art akkustischer Doppelagent: get the best of both worlds!

Sonntag, August 20, 2006 

Airguitar 2.0

[via]

 

Hinter jedem Bart ein Terrorist - Angst essen Hirn auf

Dass die Grenze zwischen Sicherheitsdenken und Hysterie ein verdammt schmaler Grad ist, haben gerade erst wieder zwei Briten im Urlaubsflieger am eigenen Leib erfahren. Woher kommt diese erschreckende Überreaktion? Gibt es womöglich jemanden, der die Terror-Paranoia planmäßig schürt? Poltik? Medien?

Zumindest in den USA ist CNN damit beschäftigt, die Menschen daran zu erinnern, dass es keinen Grund gibt, keine Angst zu haben. Überall. Über alles. Letzten Montag widmete der Sender deswegen einen ganzen Tag nur einem Thema "Target USA!":


(YouTubeDirektLink)

So weit wie in den USA sind wir in Deutschland glücklicherweise noch nicht. Aber auch hier wird nach jedem neuen Terroralarm der Sicherheitsgurt reflexartig fester gezogen. So will sich Innenminister Schäuble für ein EU-weites Verbot von jeglichen Flüssigkeiten im Flug-Handgepäck einsetzen. Es wird höchste Zeit, dass der erste Plastiksprengstoff im Schokoriegel entdeckt wird, damit auch sämtliche Nahrungsmittel aus dem eigenen Rucksack verschwinden. Aber wieso überhaupt Rucksack? Gar kein Handgepäck mehr. Aber dann bitte auch für alle und in aller Konsequenz: Legebatterie statt Businessclass!

Wenn Menschen lediglich aufgrund ihrer Herkunft und Sprache von hysterischen Pauschalpatrioten aus ihren Flugzeugen geworfen werden, wenn jeder herrenlose Koffer auf größeren Plätzen den totalen Ausnahmezustand zur Folge hat, wenn bereits ernsthaft diskutiert wird, ob alle Airlines, die Nordamerika nur überfliegen, an die amerikanischen Sicherheitsbehörden ihre kompletten Passagierdaten übergeben sollten, dann stimmt etwas nicht mehr.
Eine Gesellschaft, in der die individuelle Freiheit des Einzelnen kontinuierlich zum Opfer eines staatlich reglementierten Sicherheitsdogmas wird, führt über kurz oder lang in ein Zeitalter zurück, in dem von Aufklärung noch weit und breit nichts zu sehen war. Aber wahrscheinlich ist das das Kalkül der islamistischen Terroristen. Schließlich könnten sie dann auf völlig neuer Augenhöhe mit dem Westen ihre Anliegen besprechen.

Samstag, August 19, 2006 

The Young Knives

[Bild]
"This is the end of the summer"

The Young Knives haben sich ihre ersten Fans Anfang 2006 als Vorband von The Rakes und den Dirty Pretty Things erspielt. Die Musiker mit Vorliebe für Hornbrillen und Tweed-Anzüge würden ihren Stil wahrscheinlich als Indie-Rock oder Post-Punk bezeichnen. Nicht neu aber gut.

Der erste Gedanke beim Hören ihrer aktuellen Single "Weekends and Bleak Days" waren dann auch die alten Fischer-Z (aber im guten Sinne). Außerdem, wer so furchtlos drauflos textet wie: "Hot summer - what a bummer!", der kann so übel nicht sein.
Das Debut-Album "Voices of Animals and Men" erscheint in England in wenigen Tagen am 21. August und wurde von Mastermind Andy 'Gang of Four' Gill produziert, was in der Regel immer gutes bedeutet.

Die aktuelle Single plus Video und allem was sonst noch dazu gehört, gibt es wie immer auf den einschlägigen Seiten:

The Young Knives-Homepage
The Young Knives @ MySpace

Nicht zu verwechseln mit:
The Hot Knifes
The Young Guns
Mack the Knife
The Rifles

Freitag, August 18, 2006 

Eine Insel mit zwei Bergen - "Lost" geht in die 3. Staffel



Nicht mehr lange. Dann geht einer der größten Hypes der jüngeren Fernsehgeschichte endlich in die dritte Runde. 'Wird auch Zeit, werden jetzt viele meinen. Schließlich wurden in der letzten Staffel unzählige neue Fragen und geheim geheimsivolle Geheimnisse aufgeworfen (und natürlich nicht gelöst). Aber genau das ist ja das Erfolgs-Geheimnis der Macher von Lost.
Sie werfen einfach in jeder Staffel Dutzende von dramaturgischen Angelhaken aus. Jeder dritte davon verfängt sich irgendwo in der Großhirnrinde des Zuschauers. An die anderen Haken, sprich Fragen und Mysterien kann sich selbiger nach einer gewissen Zeit schon nicht mehr erinnern. Und dann passiert folgendes:

Spannung aller Orten, jeder hängt mit jedem irgendwie zusammen, jeder hat seine Leiche im Keller, myteriöse Monster, die keiner zu sehen bekommt spuken durchs Unterholz, Bäume fligen durch die Luft, Böse Männer mit falschen Bärten versauen die waschechte Reisekatalogatmosphäre, Flugzeuge schmeißen Cornflakes vom Himmel, im Lotto gewinnen geht gar nicht, 0815-Couchpotatoes verwandeln sich in gnadenlose Folterknechte, keiner blickt mehr durch, statt Barcadi und Kokosnuss nur Wasser und Tütensuppen, alles halb so wild, Hauptsache Kate sieht scharf aus und darf mit echten Waffen herumfuchteln, alles super, der Rest wird sich schon finden, Herzlich Willkommen im Dschungel, My name is Mr. Eko. Ach nein, Egal. I'm lost! - Und wer steckt hinter all dem? Klare Sache, die Evil-Geeks von Hanso aka Dharma.

Anlässlich einer DVD-Präsentation trafen sich jetzt Produzenten und Schauspieler der Serie auf Hawaii und plauderten ein wenig über die kommende dritte Staffel. Laut MSNBC-Bericht kam dabei folgendes heraus:

- Der Bunker ist Geschichte. Er wird nicht mehr der zentrale Handlungsort der Staffel sein. Das heißt, keine chilligen Couch-Szenen mehr und keine komplett ausgestatte Einbauküche etc.
- Es wird eine neue komplett andere Location mit völlig neuen Charakteren geben (neue Überlebende aus dem Flugzeug), von der aus sich neue Handlungsstränge entwickeln.
- Jack & Co. werden die so genannten "Others" besser kennen lernern. Wir erfahren mehr über ihr Leben, ihre Mission und ihre Motive. Am Ende wird es wohl so etwas wie eine Kooperation zwischen den bisher verfeindeten Gruppen geben.
- Jack und Sawyer werden sich weiterhin um Kate prügeln.

Wer jetzt Angst hat, dass sich Lost endgültig zur Lindenstraße unter Palmen entwickelt, der könnte Recht haben, auch wenn Produzent Bryan Burk das anders sieht und beschwichtigend anmerkt: "(..) we can never forget, that these people are in a very dark place!" Hoffentlich.

Die ersten sechs regelmäßigen Folgen beginnen am 4. Oktober 2006. Die restlichen 17 werden dann von Februar 2007 an bis in den späten Frühling hinein auf ABC ausgestrahlt. Also fast schon nächste Woche. Namaste!

 

Krass f*****

Hurra, in der taz wird heute der neueste Pornotrend erklärt.

Ich meine, man kann ja von mir aus gerne die "Pornografisierung der Kultur" beklagen. Man kann kann sogar die geschundenen Frauenkörper in derben Pornos als die Visualisierung eines seelenraubenden Kapitalismus verstehen. Vielleicht kann man auch Porno als neoliberale Konfrontationsmaschinerie erleben.
Man kann aber auch einfach mal wieder in die Überinterpretationsfalle getorkelt sein. Aber macht ja nichts, Herr Terkessidis. Hauptsache die Feldforschung hat Spaß gemacht.
[via]

Mittwoch, August 16, 2006 

Peter Bjorn and John



Und ich dachte schon, er kommt nicht mehr. Aber dann. Als ich nun echt nicht mehr damit gerechnet habe, kam er einfach locker pfeifend und mit einem fetten Grinsen im Gesicht um die Ecke: "Young Folks", der Indie-Sommerhit 2006!
Die Schweden Peter, Bjorn and John sumsen sich hier durch die letzten Jahrzehnte der Popmusik und das alles mal eben wie aus dem Handgelenk geschüttelt. Der Ohrwurm ist krankenscheinpflichtig. Auf Mini-Tour kommen die Jungs dann im September.

Peter Bjorn and John @ Myspace
Young Folks-Video @ YouTubeDirektlink

Montag, August 14, 2006 

Wie 'Grass' ist das denn?


(Bild)

Na das nenn' ich mal gelungene Cross-Promotion!
Erst outet sich der der alte Grass und heizt damit (gewollt oder nicht) die Vorbestellungszahlen für sein neues Buch so richtig an, und dann nutzt doch die ARD zusammen mit ihrem Noch-eine-geruhsame-Nacht-wünschenden Anchorman Ulrich Wickert die Gelegenheit und präsentiert Günter Grass als Premierengast in Wickerts neuer Büchersendung.
Am Donnerstag den 17. August wird also der Schriftsteller um 22:45 in der ARD sein erstes ausführliches Interview geben. Ursprünglich sollte "Wickerts Bücher" erst am 7. September auf Sendung gehen.

Auf der Bugwelle der Empörung surfend, dürfte die Sendung damit locker 3,5 Millionen Zuschauer einsacken. So weit so gut. Hauptsache Wickert vergisst nicht vor lauter Freude über seinen Scoop die richtigen Fragen zu stellen. Zum Beispiel nach dem richtigen Zeitpunkt. Warum gerade jetzt und nicht schon früher? "Es musste raus", als Begründung klingt jedenfalls nicht besonders befriedigend. Oder was genau Grass in den letzten Wochen vor der Kapitulation seiner Panzerdivision erlebt hat? Bisher fiel ihm dazu nämlich rein gar nichts ein.

Update: Auf Deutschlandfunk gab Claudia Wolf eben einen wunderbar abgeklärten Kommentar zu Grass:
Anmerkungen zum Grass-Spektakel. 4:45 Minuten.MP3

Sonntag, August 13, 2006 

Billy Childish fast in Kreuzberg


Nachtrag: Fast völlig vergessen zu erwähnen, dass das Berliner Konzert von Billy Childish am letzten Donnerstag ausgefallen ist. Dafür noch einmal vielen Dank, gottverdammtes Dschihadistenpack!
Das Konzert wird am selben Ort am Samstag den 26. August nachgeholt. Am Sonntag den 27. August folgt dann im Aquarium eine Signierstunde mit Billy und evtl. gibt es auch noch eine musikalische Performance. Die Lesung im 'West Germany' soll ebenfalls nachgeholt werden.
Ansonsten bleibt noch die Nachricht, dass Billy's aktuelle Band "The Buff Medways" kurz vor der Auflösung steht. Die letzten Gigs werden im September und Oktober in London stattfinden und danach sind dann auch die Buffs Geschichte. Aber hey, da muss noch eine Menge Wasser die Themse herunterfließen bis Billy die Musik ganz an den Nagel hängt.

The Buff Medways: "Medway Wheelers" als schönes Super-8 Video (YouTube-Direktlink)

 

"Es herrscht Unklarheit"


Kollegenschelte ist ja eigentlich nicht so meine Art, aber was der Londonkorrespondent der hochehrwürdigen Wochenzeitung "Die Zeit" vor zwei Tagen im Radio zum Thema Terroralarm in London von sich gab, das war dann doch allerhand.
Ich weiß nicht woran es lag. Vielleicht war er einfach schon seit 72 Stunden auf den Beinen oder eben erst aus dem Pub zurück. Jedenfalls sind die beiden Interviews, die er am Freitagmorgen gegeben hat neue Munition für alle GEZ-Verweigerer.

Komplett von der Rolle war er zum ersten Mal um 6:07 Uhr auf RBB-Inforadio. Gut zwei Stunden später bei Deutschlandradio Kultur ging es munter weiter mit seinen launigen, etwas zu lässigen Antworten, die mehr Verwirrung als Aufklärung in die ganze Terrorangelegenheit brachten.
Zur Ehrenrettung von Jürgen Krönig muss man aber anmerken, dass er eigentlich ein Zeitungsmensch ist, und beim geschriebenen Wort hat man einfach mehr Zeit, die richtige Formulierung zu finden. Ich habe selbst beim Radio gearbeitet und ja, das ist alles gar nicht so einfach, wie es sich vor dem Apparat anhört.
Wie sagt Krönig so schön bei DRadio am Ende des Interviews: "Das ist eben eine unangenehme Sache". Stimmt.

Hier gibt es die Tondokumente der besonderen Art als MP3 zum Nachhören und Staunen:

1. Inforadio-Interview um 6:07 Uhr
2. DRadio Kultur-Interview um 8:37 Uhr

Mittwoch, August 09, 2006 

Unter Verbrechern - Tobias O. Meißner liest aus "Traumtänzer"


Sehen so Verbrecher aus? Hornbebrillte Männer jenseits der 30 in ausgebleichten Hemden, junge Rollenspieler mit langen Haaren in übergroßen T-Shirts mit Fantasy-Art-Motiven, einige wenige gutaussehende Damen, die sich an ihre Zigaretten klammern als würde es ihnen gleich verboten, alleinstehende ältere Herren mit wenig Haaren aber großen Ohren, um das zu hören, was hier gleich vorgetragen werden soll.
Wenn es sich bei dieser Ansammlung von vielleicht 50 Gestalten wirklich um Verbrecher handeln sollte, dann lieben auch Gesetzesbrecher die Gemütlichkeit. Die gut zwei Dutzend Tische sind liebevoll mit Edelbitterschokolade, Lakritze und Fruchtgummis dekoriert. Zahlreiche Kerzen illuminieren den Raum, der sich zusehends füllt. Aus dem Hintergrund rumpelt leise Garagenrock aus den Boxen. Das diffuse Licht scheint sich von Minute zu Minute wie von selbst langsam runterzudimmen. Es wird viel geraucht an diesem Abend.
Wir befinden uns im Kreuzberger Festaal, der diesmal Schauplatz der "Verbrecherversammlung" ist, auf der der Berliner Autor Tobias O. Meißner aus seinem neuen Buch "Hiobs Spiel - Traumtänzer" liest.
Bevor es endlich soweit ist spaziert TOM von Tisch zu Tisch, um einige bekannte Gesichter zu begrüßen. Der ganz in schwarz gekleidete Schöpfer des fast schon unverschämt größenwahnsinnig zu nennenden, auf 50 Jahre angelegten Romanzyklus' um den Großstadtmagier Hiob und sein Spiel gegen den Teufel, erklimmt pünktlich um 21 Uhr die kleine Bühne und fast ohne lange, einführende Worte oder Erklärungen geht es los. Er liest "Veidts Tanz", das dritte Kapitel seines Romans, in dem ein junger Türke im Traum seine Seele verliert, indem er in die Fänge einer Inkarnation des Cesare aus "Das Cabinett des Dr. Caligari" geräht. Hiob muss ihn befreien.
Die Zuhörer lauschen konzentriert der aberwitzigen Episode. Meißner liest mit ruhiger, betonter Stimme. Die geballte Wucht des ganzen arkanischen Kosmos', angereichert mit viel Blut und anderen Körperflüssigkeiten breitet sich nun vor dem Publikum aus. Die Abenteuer des Magiers Hiob sind dabei gespickt mit unzähligen film- und popkulturellen Zitaten, die es dem Leser zwar nicht immer einfach machen, aber den Roman in eine wahre Fundgrube für Cineasten, Okkultisten und Horrorfans verwandelt. Der Eklektizismussplatter, der dort betrieben wird ist außergewöhnlich.

Der Applaus am Ende der Lesung ist ehrlich und langanhaltend. Nach eingen vereinzelten kurzen Gesprächen mit Bekannten und Verehrern, ist es nun an einigen Damen, sich kichernd ihr Autogramm zu holen. Die "Verbrecherversammlung" geht damit zu Ende.
Bevor TOM zu lesen begann, sagte er, dass sich der Mythos von Hiobs Spiel wohl eher durch Hörensagen und Mundpropaganda verbreiten werde. Das wäre zu wünschen.
Der nächste, der dritte Band wird wohl nicht vor 2010 erscheinen. Eine lange Zeit. Und dann wird es wieder eine Versammlung geben.

 

Antidepressiva


Big Stereo hat es mal wieder geschafft. Seine Entdeckung des Soundtracks zum langsam verblassenden Sommer 2006 durch Tronic Youth schmeichelt sich in die Gehörgänge wie Erinnerungsfetzen an laue Sommernächte in großstädtischen Strandbars, kühlende Wellen an sonnengefluteten Ostseedünen oder das erste wirklich gute Eis der Saison.
78 Minuten kühlend-warme Londoner Elektrobeats gegen die kommende Postsommerdepression.

Tronic Youth: August Mix.mp3

[via]

Samstag, August 05, 2006 

Hiob 2.0: Traumtänzer

"Sieben zu null steht es in Hiob Montags ungeheuerlichem Spiel. Sieben Punkte erst hat er errungen für all die Überrestgeschöpfe, Elektrokutierten, Kriegsversehrten, Blutdürstenden und auch Selbstmörderinnen, deren Schicksale unter seiner mitleidlosen Hand zur Neige gingen. Achtundsiebzig Punkte benötigt er, um das Spiel zu gewinnen, um sich zum strahlend neuen König des Wiedenfließes ausrufen zu lassen. Aber wird Hiob immer zu null spielen können? Ist es nicht auch denkbar, daß das Wiedenfließ den Abstand verringert, näher kommt wie ein heranrasender Güterzug, um mit jedem einzelnen von Hiobs Punkten die Menschheit zu strafen?"

Endlich!!!!!! Vier lange Jahre lang habe ich auf diesen Tag gewartet, an dem ich den zweiten Band "Traumtänzer" von Tobias O. Meißners einzigartigem Romanprojekt "Hiobs Spiel" in meinen Händen halten werde. Heute ist es soweit.
Die Geschichte des Magiers Hiob Montag, der sich auf eine unglaubliche Wette eingelassen hat, um die Welt vom Bösen zu befreien, ist mit Abstand das maßloseste, böseste, genresprengendste Stück Literaturwahnsinn, der jemals zwischen zwei Pappdeckel gepresst wurde.
Damit wir uns nicht falsch verstehen. Bei "Hiobs Spiel" handelt es sich nicht um Fantasyliteratur im herkömmlichen Sinne. Das hier hat nichts mit feengleichen Elfen zu tun, die gegen grimmige Zwerge um einen verwunschenen Drachenschatz kämpfen. Handlungsort ist die ganze Welt. Von Berlin-Neukölln über die engen Gassen von Barranquilla in Kolumbien bis in die USA und wieder zurück nach Bayern. Das hier ist real. Schlimmer. Blut, Schweiß und Sperma; die literarische Ausgeburt einer verlorenen Seele. Wie heißt es bei Nietzsche: "Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein."

Letzte Kostprobe gefällig:
"Hiob streute mit herablassendem Film-Noir-Gesichtsausdruck eine einzige endlose Salve aus dem ausgestreckten rechten Arm nach vorne, dabei den Strahl schwenkend wie ein Gärtner seinen Gartenschlauch. Die Hunde hatten keine Chance, und das gefiel ihm. Sie rissen auf, platzten, spritzten umher, überschlugen sich, schleuderten, sprangen meterhoch ohne Beine, meterweit ohne Kopf, warfen Eingeweide wie bunte Luftschlangen durch die Gegend und bepulverten ein stattliches Kreissegment mit einem grobkörnigen Popcorn aus Knochen, Fell und Fleisch.
Als die letzte Projektilhülse an Hiobs Kopf vorbei elegant ins Dunkel katapultiert worden war und das mechanische Rattern des Munitions-Treibers mit einem enttäuschenden KLICK endete, senkte Hiob die Mündung und sagte: 'Ich mag Katzen'. Tatsächlich war dies einer von jenen raren Momenten, an denen er das Spiel richtig liebte." (Prognosticon 5)

Am Dienstag den 8. August 2006 findet im Berliner Festsaal Kreuzberg um 20:30 Uhr eine Lesung mit Tobias O. Meißner statt.

Amazon Direktlink: "Hiobs Spiel. Zweites Buch. Traumtänzer"

 

What a Joy


Wie verwandelt sich ein Künstler von einer tragischen Figur hin zu einem verklärten Helden für nachkommende Teenager-Generationen? Wie entstehen Legenden in der Welt des Pop? Ist es überhaupt möglich eine echte Legende zu werden, ohne einen frühen Tod gestorben zu sein? Blicken wir zurück: Die üblichen Verdächtigen Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin. Sie alle prägten ihre Zeit und ihr Musikgenre. Sie alle starben noch kurz vor ihrem 30. Geburtstag. Gleiches gilt auch für die späteren Kandidaten Kurt Cobain oder von mir aus auch Mark Spoon.

Einen aber hat es früher erwischt als alle anderen. Sein Name mag nicht ganz so bekannt sein, wie der der oben genannten; dafür war der Erfolg zu Lebzeiten einfach noch nicht groß genug. Und doch ist seine Geschichte vielleicht die traurigste und unbegreiflichste von allen: Ian Curtis, der schmächtige, leicht verschrobene Typ aus Manchester, der mit seiner Band Warsaw Ende der 70er Jahre zum ersten Mal in Erscheinung trat. Unter dem neuen Namen Joy Division, benannt nach Bordellbarracken in den Nazikonzentrationslagern, schaffte die Band schließlich in England den Durchbruch. Songs wie "Love will tear us apart" oder "Atmosphere" sind heute Klassiker. Mit Ihrem kalten, basslastigen Sound, dessen Melodien sich wie Trockeneis ins Rückenmark bohrten, trafen sie einen empfindlichen Nerv der Jugend.

1980 hätte das Joy Divison-Jahr werden können. Ihr zweites Album "Closer" war fertig zur Veröffentlichung und nach ersten kleineren Tourneen in England und auf dem europäischen Festland, hieß das nächste große Ziel USA. Es kam bekanntlich anders. Sänger Ian Curtis erhängte sich 23jährig zwei Tage vor der Abreise in die Staaten in seinem Haus bei Manchester. Er hinterließ nicht nur eine Frau und eine einjährige Tochter, sondern auch eine geschockte Anhängerschaft in der britischen Postpunk-Szene.
Das posthum veröffentlichte Album wurde ein bis dahin nicht gekannter kommerzieller Erfolg für die übrigen Bandmitglieder. Diese entschieden sich als New Order weiterzumachen. Der Rest ist Geschichte.

Joy Divisions starker Einfluss auf die Popwelt ist unbestritten. Ohne sie wäre der aktuelle Erfolg von Bands wie Interpol oder She Wants Revenge undenkbar.
Höchste Zeit also, die Geschichte von Ian Curtis und seiner Band zu verfilmen. Bislang fand er nur Erwähnung in dem (allerdings großartigen) Film 24 Hour Party People von Michael Winterbottom.

Genau 30 Jahre nach Gründung von Joy Division wird es nächstes Jahr nun einen neuen Versuch geben, den Menschen und Künstler Ian Curtis zu begreifen.
Und was bisher über das Projekt zu erfahren ist, macht auf jeden Fall mehr als neugierig. Regie führt Anton Corbijn, bisher nur bekannt für seine Musikvideos für Depeche Mode und U2.
"Control", so wird der Film heißen, ist Corbijns erster großer Spielfilm. Gedreht wird stilecht in schwarz-weiß. New Order komponiert den Soundtrack auf dem zusätzlich noch David Bowie, Iggy Pop, Roxy Music, Lou Reed und die Buzzcocks vertreten sein werden.

Ian Curtis wäre heute 60 Jahre alt. Ob ihm der Rummel um seine Person gefallen würde? Schwer vorstellbar.

[via]

Offizielle Homepage des Films
Erste Bilder vom Filmset

Update:
Joy Divisions ersten Fernsehauftritt von 1978 mit dem Song "Shadowplay" in der Sendung des echten Tony Wilson (aus "24 Hour Party People") gibt es hier zu sehen:
Joy Division on Granada TV @YouTube.

Freitag, August 04, 2006 

Oh, du schöne Schnitzelbank



Da dachte man doch gerade, dass die Fußball-WM das Image der Deutschen in der weiten Welt nachhaltig verbessert haben könnte. Schließlich waren wir so freundlich, als gute Gastgeber darauf zu verzichten, selber Weltmeister zu werden.
Und siehe da, die ersten zarten Pflänzchen der Völkerfreundschaft kommen ans Tageslicht...auch wenn ich absolut keine Ahnung habe, was eine 'Schnitzelbank' sein soll...

YouTube Direktlink: Oh, du schöne Schnitzelbank

 

Ganz schön abgekocht


Das ist aber schön. Es ist schließlich schon einige Zeit her, dass ich zum letzten Mal etwas gewonnen habe (die Erinnerung an mein klägliches Abschneiden beim WM-Blogkickers-Spiel ist gerade dabei zu verblassen).
Der gute Burnster hatte vor einiger Zeit zu einem Voting über den grandios-dämlichsten deutschen Filmverleihtitel aufgerufen. Und siehe da, nach all den Wochen kam gerade die gute Nachricht hinein. Mein Vorschlag ("Zwei tolle Wanzen kochen ab") hat tatsächlich das Rennen gemacht.
Der Gewinn, die DVD "Ernst sein ist alles" mit Reese Witherspoon, reiht sich also ein in meine Liste der schönsten Preise aller Zeiten auf Platz Zwei: Noch vor der gigantischen 10Kg Pfeffersalami aber hinter einer lebendigen, ausgewachsenen, bayrischen Ziege von 1985.
Vielen Dank an alle, die abgestimmt haben und natürlich an St. Burnster.

Dienstag, August 01, 2006 

Lechtschreibung

"Von einem gewissen Punkt an gibt es keine Rückkehr mehr. Dieser Punkt ist zu erreichen." (Franz Kafka)
Geschafft. Herzlichen Glückwunsch und danke für den Phisch.

Listed on BlogShares